Wo Mathe pure Magie ist
Bei der Meisterschaft von “MeinBrain” sind alle Kinder Gewinner
Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 2021
Frankfurt — Vova (10) hat es ge-schafft, in fünf Minuten 70 Mat-heaufgaben zu lösen. „War ganz leicht”, sagt er mit einem Grinsen und beißt in ein Stück Käseku-chen. Er ist mit seinen Eltern ex-tra aus München zur dritten „Ma-theMagia”-Meisterschaft gekom-men, weil die Familie vor einem halben Jahr von Frankfurt in die bayerische Landeshauptstadt ge-zogen ist. „Die letzte Meister-schaft habe ich gewonnen, und beim Bundeswettbewerb war ich auch unter den Besten”, sagt er. Anastasia (8) hat sechs Minuten und 35 Sekunden für die Lösung der komplizierten Kettenaufga-ben gebraucht, und auch Olivia (6) war längst vor Ablauf der vor-gegebenen sieben Minuten fertig, die endlosen Zahlenkolonnen im Kopf auszurechnen.
Die 250 Kinder, die freiwillig und mit jeder Menge Spaß einen Sonntag lang um die Wette ge-rechnet haben, sind keineswegs alle Genies. „Ganz viele kommen zu uns, weil sie schlechte Noten in Mathe haben, und fangen qua-si bei null an”, sagt Marianna Gurmann, die das Bildungsinsti-tut gemeinsam mit Mathelehrer Erkan Beyazal gegründet hat. „Es geht gar nicht um Mathematik bei uns, sondern um Lust, Neu-gierde, Konzentrationstraining und Magie”, so die quirlige Frau, die Mathematikerin ist, acht Spra-chen fließend spricht und 18 Jah-re lang in einer Bank gearbeitet hat, bevor sie „MeinBrain” grün-dete. Ihr Sohn hatte in der Schule Probleme in Mathematik. „Er hat deswegen geweint”, sagt sie. Alles habe sie probiert und dabei das Konzept entwickelt. Lernen mit ihm alleine funktionierte nicht, also wurden seine Freunde einge-laden. Was ihrem Sohn half, gute Noten zu schreiben, hat sie wei-terentwickelt.
Ein „Magisches Buch” und ein japanischer Aba-kus. Statt mit trockenen Zahlen wird mit Bildern im Kopf geübt. „Das trainiert die rechte Gehirn-hälfte, die in der Schule kaum ge-fördert wird”, so Gurmann. Auf die Haptik komme es an und da-rauf, in kleinen Schritten das lo-gische Denken zu fördern. „Dabei sind natürlich auch die Eltern ge-fragt. Sie müssen mitmotivieren und jeden Tag zehn Minuten lang mit den Kindern spielerisch üben, und so lernen alle zusammen das Zauberspiel der Zahlen.”
Im „MeinBrain” in der Schu-mannstraße werden die Kinder zwischen vier und 12 Jahren in kleinen Gruppen zum Zahlenzau-bern angeregt. Jedes Kind wird in-dividuell gefördert und gleichzei-tig in Gruppen gerechnet und ge-spielt. Bücher, die Gromann selbst gestaltet und geschrieben hat, passen zu dicken Schaum-stoffwolken an den Wänden und kunterbunten Stühlen an kindge-rechten Tischen. „Wenn beim Ler-nen kein Druck gemacht wird, sondern Lust und Spaß gefördert werden, ergibt sich automatisch Konzentration, Verantwortungs-gefühl, leichtes Lernen und Dis-ziplin”, ist Gurmann überzeugt. Kein Kind solle sich miserabel fühlen, sondern selbst toll finden. Bei ihr vergleiche man nicht un-tereinander, sondern unterstütze das subjektive Erfolgsgefühl von jedem Einzelnen.
Das Konzept gibt ihr recht. Im Gebäude und im Hof strahlen die Kleinen an diesem Nachmittag selbstbewusst um die Wette. Die Eltern freuen sich stolz gleich mit. Vor den Wettbewerben und danach. Zwischendurch dürfen sich die Mathe-Magier schminken lassen. Mit Haien mit aufgerisse-nem Maul um die Augen, dicken Marienkäfern auf Wangen oder als Batman, Tiger, Schmetterling, Panda oder Miezekatze.
Auf Video werden die Prüfun-gen im Hof gezeigt, damit in den Räumen absolute Ruhe und Kon-zentration herrschen kann. Wie Blitze gehen beim Lösen Arme nach oben, Finger werden gezeigt und zurückgezogen, Ergebnisse fliegen auf die Papiere. Im Blick der große Abakus,, dessen gelbe Kugeln Zahlen symbolisieren. Niemand geht bei der großen Sie-gerehrung leer aus. Jedes der 250 Kinder bekommt ein individuel-les Geschenk. Und Applaus, der nicht enden will. SABINE SCHRAMEK
Mathe-Magie auf Youtube Wie die Kids mit Zahlen zaubern, kann man sich unter www.youtube.com/watch?v.GV 71_qlwyUs ansehen.
250 Zahlen-Zauberer und keine Verlierer gab es bei der Mathe-Meis-terschaft. Als schnellste Rechner und stellvertretend für alle Teil-nehmer durf-ten Jamon-Noah (v.I.), Jasmin und Adwaith aufs Siegerpodest. FOTO: SAUDA