Nur Soroban im Kopt
Mathematisches Hochgeschwindigkeitsrennen
Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 2023
Dreizehn plus zwei, dazu eine vier, nun noch neun abziehen. Wer mehr als ein paar Minuten für 70 solcher Gleichungen braucht — in unseren Augen wäre freilich auch das eine beeindruckende Leistung — landete damit bei der MatheMagia-Meisterschaft des Vereins MeinBrain noch nicht einmal im gemütlichen Wettkampfmittelfeld. Die Talentiertesten der rund 230 Teilnehmer, allesamt Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren, lösten am. Sonntag in einer Zeit unter vier Minuten solche Kettenrechnungsaufgaben im Saalbau des Gallus und verewigten sich damit schon in denkbar jungen Jahren in der Ruhmeshalle der Algebra. Wie machen sie das nur?
Die Visualisierung eines Rechenschiebers trage die Kinder von GleiChung zu Gleichung, sagt ihr Lehrer und erster Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins, Erkan Beyazal. Es ist jedoch kein gewöhnlicher Abakus, den sie hier verwenden, sondern ein japanischer. Auch er nutzt das Dezimalsystem. Sie nennen ihn Soroban. Auf dessen rechter Seite finden sich die Einer, es folgen die Zehner, Hunderter und so weiter und so fort. Ihre Augen verschließen die Kinder bisweilen, wenn sie die Holzperlen des Rechenbretts im Geiste in Höchstgeschwindigkeit verschieben.
Doch seien hier nicht alle geborene Mathematiker, sagt der Lehrer. „Training ist wichtig.” Sonst kämen selbst die „Magier” nicht weit. Hierfür träfen sich die Vereinsmitglieder mit den freiwilligen Lehrern, um gemeinsam Rechenaufgaben zu lösen. Selbst an den Wochenenden finde das „Gehirnjogging” statt. Als wäre das nicht schon genug, bringt der Verein den Kindern damit nicht nur Adam Riese näher. Denn hinter all der Rechnerei verberge sich noch mehr, sagt Beyazal: Es gehe dem Verein um die Vermittlung elementarer Fähigkeiten, die der Alltag einem abverlange. Konzentrationsfähigkeit zum Beispiel, auch räumliches Vorstellungsvermögen, 10-gisches Denken und Standhalten in Drucksituationen. „Und hoffentlich gelingt es uns auch noch, die Mathematik mit Spaß zu verbinden.” Sieht man den Kindern beim Wettkampf zu, scheint dies der Fall zu sein.