Schneller als mit dem Taschenrechner
Beim Wettbewerb „Mathe-Magia“ lösen Kinder 70 Aufgaben in sieben Minuten
Frankfurter Rundschau, vom 4. Juni 2018
200 Kinder halten jeweils einen Stift in die Luft. „Damit es für alle fair ist und alle gleichzeitig anfangen können“, sagt der Moderator von „Mathe-Magia“, der Rechemeisterschaft. Vor jedem Kind liegen ein Blatt Papier und Traubenzucker auf dem Tisch. „Auf die Plätze, fertig, los“, dann drehen die Kinder die Blätter um. Jetzt sind nur noch klackernde Bleistifte zu hören. 70 Rechenaufgaben in sieben Minuten sollen die Kleinen lösen.
Die Kinder, die an der Meisterschaft teilnehmen, sind Mitglieder des Vereins „Mein Brain“, den Marianna Gurmann und Erkan Beyazal vor drei Jahren gegründet haben. Sie wollen Kindern sicheres Kopfrechnen und logisches Denken beibringen; und zwar mit einem Soroban. Bei diesem japanischen Rechenschieber gibt es jeweils fünf Rechenperlen in 13 Reihen. Je weiter die Perle rechts im Rahmen steht, desto niedriger ist i hr Stellenwvert im Zehnersystem. Die obere Perle hat dabei den Wert fünf, die unteren vier Perlen haben jeweils den Wert eins.
Ziel sei es, dass sich die Kinder den Soroban im Kopf vorstellen, sagt Gurmann. Auf diese Weise rechneten sie schneller, als sie es selbst in den Taschenrechner eintippen könnte. „Mit zehn Minuten Übung am Tag erreichen sie eine Leistung jenseits der Vorstellungskraft.“ Dass Kinder immer weniger Kopfrechnen könnten, führ t sie auf Defizite im Bildungssystem zurück. „In der Grundschule lernen sie vier Jahre lang rechnen, und am Ende kann es keiner.“ Der Erfolg der kleinen Mathematiker bei der Meisterschaft soll beweisen, dass mit der Methode des Vereins jedes Kind rechnen kann.
Der sieben Jahre alte Musab ßoztürk hat 2018 in seiner Kategorie gewonnen. Auch dieses Mal rechnet er wieder um die Wette. Dass er beim Wettbewerh unter Druck steht, meint er nicht. „Es fühlt sich spannend an“, sagt er. Seinem Leistungsstand entsprechend muss er im Test Rechenaufgaben mit zweistelligen Zahlen addieren und subtrahieren. Die 70 Aufgaben löst er nach eigenen Angaben in vier Minuten und 20 Sekunden.
Die Mathematikdidaktikerin Marei Fetzer meint, dass der Soroban vor allem als Vertiefung nützlich sei, nicht aber, um ein Zahlenverständnis zu entwickeln. „Die räumliche Vorstellung von Zahlen muss anders vermittelt werden“, sagt sie.
Der Vater einer jungen Teilnehmerin ist von dem System überzeugt. Seine Tochter habe zur Vorbereitung auf den Wettbewerb Aufgaben unter Zeitdruck gelöst. Um die Ergebnisse zu kontrollieren, habe er deutlich länger gebraucht, wie er sagt.
„Da komme ich nicht mehr mit.“ weja.